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Wussten Sie, ...

...dass der Lazarus-Orden im Heiligen Land der Kreuzzüge in vielerlei Hinsicht eine besondere Stellung unter den Ritterorden einnahm?
Leprakranke waren über viele Jahrhunderte hinweg - nicht nur im Heiligen Land - eine belastende gesellschaftliche Herausforderung. Da man die Krankheit, gekennzeichnet durch langes und zunehmendes Siechtum mit schrecklichen Entstellungen, nicht heilen konnte, aber Ansteckung befürchtete, reagierte man, wie zum Teil heute noch, mit der völligen sozialen Ausgrenzung der Betroffenen.
So wurde in dieser Zeit strikt zwischen Hospitalen, in denen Kranke behandelt wurden, und Leprosorien, in denen man Aussätzige pflegte, sowohl in ihrer Funktion als auch in ihrer Rechtsstellung, klar unterschieden. Die Johanniter beispielsweise nahmen sich der Aussätzigen nicht an. Ein an Lepra Erkrankter wurde, sobald erste Anzeichen, wie beispielsweise Schmerz-Unempfindlichkeit oder Gesichtsveränderungen, auftraten, zum gesellschaftlich Ausgestoßenen.
Die Konzentration des Lazarus-Ordens auf die Pflege und Betreuung der aussätzigen Kreuzritter, aber auch „ziviler“ Leproser, trug zu einem raschen Wachstum des Ordens bei. Neben der langjährigen Erfahrung mit diesem stigmatisierenden Krankheitsbild, das quer durch alle gesellschaftlichen Klassen auftrat, erarbeiteten sich die Lazariter eine stetig wachsende Präsenz im Heiligen Land. Im Königreich Jerusalem und darüber hinaus unterhielt Lazarus in den meisten größeren Städten eine Niederlassung und wurde hierdurch zur tragenden Säule der Aussätzigenfürsorge. Die Lazariter erfuhren dabei die besondere Unterstützung der Kirche, der Feudalherren und königlichen Herrscher, die ihnen vielfältige Privilegien einräumten, Schenkungen vornahmen und zum Teil noblen Leprosen und Rittern den Eintritt verordneten. Der Templerorden beispielsweise überstellte seine an Lepra erkrankten Ordensritter satzungsgemäß in die Häuser des Heiligen Lazarus. Dieser bot ihnen unter anderem vertraute institutionelle Strukturen und – noch wichtiger –
Aufgaben:
Die früher ausschließlich auf Pflege ausgerichtete Bruderschaft entwickelte sich durch äußere Umstände im 12. und 13. Jahrhundert zum Ritterorden, dem neben hospitalischen Aufgaben mehr und mehr auch militärische Verantwortung übertragen wurde. Die Entwicklung zum militärischen und zugleich hospitalischen Orden wurde durch eine entscheidende weitere Besonderheit befördert: Im Lazarus-Orden bestand – im Gegensatz zu den anderen Ritterorden – keine Abgrenzung zwischen „Versorgungsempfängern“ und „Versorgern“. Der leprose Ritter des Lazarus-Ordens verkörperte gewissermaßen beides und differenzierte sich dadurch klar von den anderen Orden, in denen der Unterschied zwischen Pflegebedürftigen und Pfleger Geist und Struktur prägten.
Aus diesem besonderen Selbstverständnis der Lazariter heraus, erfuhr das weitere Schicksal der Erkrankten eine deutliche Veränderung. Durch die Chance, weiterhin eine aktive Rolle im auf Verteidigungsbereitschaft ausgerichteten gesellschaftlichen Gefüge der Kreuzfahrerstaaten wahrnehmen zu können, wurden sie in ihrer sozialen Stellung nicht gänzlich degradiert und ausgegrenzt, sondern behielten durch das grüne Kreuz einen Teil ihrer Würde. Ihre Tapferkeit vor dem Hintergrund einer ausweglosen Krankheit, einhergehend mit Schmerz-Unempfindlichkeit und furchterregendem Aussehen, machte die Ritter des Heiligen Lazarus zu einem gefürchteten Gegner und verschaffte ihnen Ansehen bei Freund und Feind. Atavis et armis.